Texas - Am heiligen Berg der Comanchen
Veröffentlicht in: Rheinische Post, November 2024:
Auf der Hauptstraße gibt es den „Rathskeller“, das „Gästehaus Schmidt“ und der Feinkostladen heißt „Fischer & Wieser“. Nein, wir sind nicht irgendwo im Rheinland unterwegs, sondern in Fredericksburg, Texas. Auf dem Schild am zentralen Platz der 11.000 Einwohnerstadt im Texas Hill County, rund eineinhalb Autostunden nördlich von San Antonio, steht „Marktplatz“.
Dort wartet Eveyln Weingartner, um uns ihre Heimatstadt vorzustellen. „Herzlich willkommen“, sagt die 79-Jährige lachend. Ihre Vorfahren machten sich im Jahr 1845 aus Bingen am Rhein auf den Weg in die neue Welt und ließen sich hier nieder. In perfektem Deutsch führt die rüstige Pensionärin, die nur einige Male in ihrem Leben zu Besuch in Deutschland war, Gäste durch Fredericksburg und erklärt die Stadtgeschichte, die Bedeutung der achteckigen Kirche und der Sonntagshäuser. Bauern nutzten diese früher als sichere Wochenendbleibe vor und nach dem Kirchenbesuch. Die in den 1840er-Jahren in das südliche Texas ausgewanderten Deutschen und Europäer durchlebten gefährliche Zeiten. Indianerübergriffe waren an der Tagesordnung, ehe Stadtgründer Freiherr Otfried von Meusebach es 1847 schaffte, nachhaltigen Frieden mit den Comanchen zu schließen. Anders als viele andere Abkommen wurde dieser nie gebrochen.
Enchanted Rock - verzauberter Felsen
Zu einem Fredericksburg-Besuch gehört ein Ausflug in den knapp 30 Kilometer entfernten Enchanted Rock Naturpark. Eine Wanderung auf den Enchanted Rock (verzauberten Felsen) ist in den frühen Morgenstunden ein Erlebnis. Der heilige Berg der Comanchen ist durch die Einwilligung des Indianerstammes über verschiedene Routen besteigbar. Ebenso kann der braunrote Baselith, der sich 130 Meter über die lieblich geschwungene Landschaft des Hill County erhebt, auf verschiedenen Trails umrundet werden.
Auch nachts lohnt sich ein Besuch auf dem flachen Gipfelstück. „Der flache Gipfel ist ein zertifizierter Dark Sky Park, in dem sich Sterne und Sternschnuppen besonders intensiv erleben lassen“, erklärt uns Guide McKenzie Moellering, die natürlich auch deutsche Vorfahren hat.
Luckenbach - Back to the basics
Zurück in Fredericksburg biegen wir auf die Wine Road 290 ab. Der Highway im Westen Richtung Johnson City verbindet etliche Weingüter, die zu Weinproben und kulinarischen Erlebnissen einladen. Ein unvergessliches Erlebnis wird ein Besuch in Luckenbach, benannt nach dem ersten Siedler in der Gegend, Jacob Luckenbach (1817-1911). Hier wird mehr Bier als Wein getrunken. Die alte Poststation von 1850 wurde 1970 zu einem Musik- und Westernmekka umgewidmet und ist seitdem zu einer echten Kultstätte geworden.
Viele Größen des Western, Country und Texas Rock haben hier schon vor tausenden Fans gespielt. Von Willie Nelson und Waylon Jennings bis Johnny Cash. Auf den großen und kleinen Bühnen finden täglich Konzerte statt, jeder ist willkommen und kann mitspielen. Das Motto von Luckenbach ist so einfach wie genial: „Everybody‘s Somebody in Luckenbach“. Jeder ist wer in Luckenbach.
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Der komplette Artikel der Rheinischen Post als PDF:
Am heiligen Berg der Comanchen
Fredericksburg, Luckenbach und Enchanted Rock in Bildern
Text + Fotos: Uli Geub / redkom ©